Wieder mal die Klassiker

Als Schriftgestalter der Schrift Rotis (1988) ist er meinen Typografie-Studenten der Kunstschule Wandsbek vermutlich bekannt. Wie kaum eine zweite Schrift spaltet die Rotis auch heute noch die Typografen und Designer in zwei Lager. So gibt es die Rotis-LiebhaberAnwender und die Rotis-HasserVermeider. Auf Platz Nr. 32 finden wir diese stark polarisierende Schriftsippe im Fontshop-Ranking. Weder als Brotschrift noch als Headline- oder Logoschrift habe ich die Rotis bisher (freiwillig) eingesetzt – womit ich nicht ihren prägnanten Charakter bestreiten möchte. Aber gerade diese eigenwillige, eitle Erscheinung ist es wohl, die zur Abstinenz mich animiert.

Zur Volljährigkeit der Schrift hat der Verlag Hermann Schmidt bereits 2006 rotis – eine Streitschrift – ein sehr informatives, unterhaltsames und amüsantes Büchlein – herausgegeben. So erfährt man zum Beispiel, was klassische Musik, der Deutsche Schäferhund und das Grundgesetz mit der Rotis zu tun haben.

In der Disziplin Corporate Design wird dann der Kollege vermutlich auf einige Erscheinungsbilder – Olympische Spiele München 1972, Lufthansa, Braun, ZDF, ERCO-Leuchten, bulthaup-Küchen, Sparkasse – hinweisen, die der renommierte Grafiker und Dozent entwickelt hat.

Die Rede ist von Otl Aicher (1922–1991). Als Mitbegründer der HfG Ulm (1953–1968) hat er ganze Generationen von Designern geprägt. Der strenge grafische und typografische Stil der Ulmer und seiner Adepten ist auch heute noch in vielen Arbeiten sichtbar, obgleich natürlich nicht unumstritten. Alles Wissenswerte dazu im Überblick findet man im Typolexikon des geschätzten Kollegen Wolfgang Beinert.

aicher

Aktuell habe ich gerades dieses Blog entdeckt. Es präsentiert viele Arbeiten der Ikonen des Grafikdesigns aus den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Für einen Typografie-Anfänger scheint mir ein Besuch der »Schweizer Schule« immer angemessen. Also, liebe Studenten, besucht und studiert die alten Hasen: Anton Stankowski, Karl Gerstner, Emil Ruder, Josef Müller-Brockmann, Helmut Schmid, Adrian Frutiger … und auch Otl Aicher.

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